Die CDU-Fraktion im Thüringer Landtag hat mit Blick auf die nicht abnehmenden Debatten zum Ausbau der Windenergie in Thüringen ein die wichtigsten Fragen zusammengefasst und als FAQ („Frequently Asked Questions“/häufig gestellte Fragen) veröffentlicht. Beim Thema Windausbau sind viele Behauptungen im Umlauf, die schlicht jeglicher Grundlage entbehren und die dadurch Befürchtungen schüren, die nicht zutreffen. Einfache Antworten auf komplizierte Fragen mag bei manch Partei im Landtag ein probates Mittel sein. Zu Lösungen führt das allerdings nicht. Wir wollen deshalb zur Aufklärung beitragen – sachlich, nüchtern, an der Realität orientiert.“ Das FAQ „Schutz des Waldes – Was gilt beim Ausbau von Windkraft? umfasst die neun wichtigsten Fragen. Wir geben Antworten zu rechtlichen Fragen, dem Stand auf Bundesebene und darauf, was wir als Regierungskoalition vorhaben.
Die CDU-Fraktion selbst sieht sich durch den kürzlich von der Ministerpräsidentenkonferenz der ostdeutschen Länder gefassten Beschluss zur Energiepolitik bestätigt und untermauert diese Auffassung nochmals. Demnach solle der Bund das Windenergieflächenbedarfsgesetz evaluieren und den Ländern die Möglichkeit einräumen, starre Flächenziele durch technologieoffene Erzeugungsmengenziele zu ersetzen. Megawatt statt Hektar muss das Ziel sein. Moderne, leistungsstarke Anlagen, mehr Repowering und ein kluger Energiemix über Photovoltaik, Biogas und Geothermie sind der richtige Weg.
Wie ist die aktuelle Rechtslage zur Windenergie im Wald?
Windkraftanlagen dürfen nach aktuellem Bundesrecht grundsätzlich auch im Wald errichtet werden, denn das Baurecht stuft den Wald als „Außenbereich“ ein, der zur privilegierten Nutzung durch Windenergie vorgesehen ist. Thüringen hatte 2020 zunächst ein landeseigenes Verbot für Windkraft im Wald verhängt. Dieses Landesverbot wurde 2022 jedoch vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärt, weil solche Regelungen dem Bund vorbehalten sind. Heute ist es nicht mehr möglich, durch Landesgesetz Windräder im Wald pauschal zu untersagen – unabhängig davon, ob der Wald der öffentlichen Hand, den Kommunen oder Privaten gehört. Damit können derzeit auch Anträge für Windenergieanlagen im Wald genehmigt werden, wenn sie innerhalb der vorgesehenen Vorrangflächen liegen und alle Auflagen erfüllen.
Was hat das Bundesverfassungsgericht zum Thüringer Waldgesetz geurteilt?
Das Bundesverfassungsgericht hat eindeutig festgelegt: Ein pauschales Verbot von Wind-
energieanlagen im Wald ist durch Landesgesetze nicht zulässig. Die rechtliche Begrün-
dung: Der Bundestag hat mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und dem Baugesetzbuch bereits abschließend geregelt, dass der Ausbau erneuerbarer Energien im überragenden öffentlichen Interesse liegt und Windkraft im Außenbereich privilegiert ist.
Die Länder dürfen hier keine entgegenstehenden Regelungen treffen. Das betrifft öffentliche wie private Wälder gleichermaßen und verpflichtet Thüringen, auch Flächen im Wald für das bundesweite Windenergie-Flächenziel auszuweisen.
Wie stark hat das Osterpaket der Ampel-Regierung den Rechtsrahmen verändert?
Das Osterpaket der Ampel-Regierung wurde 2022 beschlossen und hat den Rechtsrahmen
für Windenergie grundlegend verändert. Mit dem Osterpaket wurden die Ausbauziele für Windenergie massiv erhöht und neue Gesetze geschaffen – darunter das Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) und tiefgreifende Änderungen am Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) und dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Dadurch ist die Vorrangigkeit der Windenergie weiter gestärkt worden: Die Nutzung erneuerbarer Energien wurde gesetzlich als „überragendes öffentliches Interesse“ festgeschrieben, was bestehende rechtliche Hürden deutlich senkt und die Prüfung im Genehmigungsprozess vereinfacht. Die Länder müssen seitdem verbindliche Flächenziele ausweisen – Waldflächen sollen dabei ausdrücklich berücksichtigt werden. Für den Fall, dass Länder ihre Flächenziele nicht schaffen, werden bestehende landesrechtliche Mindestabstandsregelungen und andere Verhinderungsgründe abgeschwächt oder entfallen ganz.
Megawatt statt Hektar – wie setzt sich die Landesregierung im Bundesrat ein?
Für Thüringen sind die überhöhten Flächenziele von 2,2 % der Landesfläche problema-
tisch. Moderne Windenergieanlagen können auf weniger Fläche mehr Energie produzieren. Die CDU-geführte Landesregierung schaut nicht tatenlos zu. Sie setzt sich für das Prinzip Megawatt statt Hektar ein und hat einen entsprechenden Entschließungsantrag im Bundesrat eingebracht. Minister Stefan Gruhner betonte dabei, dass es einen klugen Energiemix aus Geo-, Bio-, Solar-, Wasser- und Windenergie, ergänzt um Wasserstoff brauche. Im Bundesrats-Antrag fordert die Thüringer Landesregierung bei der Windkraft eine Umstellung von Flächenzielen auf Erzeugungsmengenziele. Laut dem Antrag möchte Thüringen eine entsprechende Länderöffnungsklausel erwirken. Wenn Thüringen die Energieerzeugung zukünftig an den eigenen Bedarfen ausrichten dürfte, wäre es möglich die Windenergie auf Offenlandflächen zu konzentrieren und den Thüringer Wald weitestgehend vor negativen Einflüssen zu schützen.
Was hat die CDU mit BSW und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart?
Im Thüringer Koalitionsvertrag wurde für die wenigen verbleibenden Bereiche, in denen das Land einen eigenen Gestaltungsspielraum hat, eine grundsätzlich skeptische Haltung gegenüber der Windkraft im Wald vereinbart. Allerdings sollen auf dringenden Wunsch einer Gemeinde vor Ort künftig Ausnahmen möglich sein. Gemeinden behalten so ein entscheidendes Mitspracherecht. Diese wichtige Einschränkung kann das Land nach der geltenden Rechtslage jedoch nur auf landeseigenen Flächen im Rahmen einer eigentumsrechtlichen Selbstverpflichtung durchsetzen. Planungsrechtlich gilt das Bundesrecht und damit vor allem das Osterpaket, die Privilegierung der Windenergie im Außenbereich und das überragende öffentlichen Interesse der Erneuerbaren Energien.
Wie wird die Regelung bei ThüringenForst praktisch umgesetzt?
ThüringenForst, die Landesforstanstalt, kann künftig Geschäfte zur Erzeugung erneuerbarer Energien tätigen. Das betrifft zum Beispiel die energetische Verwertung von Holzbestandteilen und Biomasse sowie die Errichtung von Photovoltaikanlagen auf landeseigenen Grundstücken entlang von Autobahnen oder auf Forsthäusern. Eine zentrale Bedingung für die Windkraft: Sie ist im Staatswald ausschließlich auf Flächen zulässig, die im Rahmen der kommunale Bauleitplanung dafür vorgesehen wurden. Es gibt also keinen Automatismus, sondern jeder Schritt bedarf Planung vor Ort und die Gemeinde kann die konkrete Ausgestaltung aktiv mitbestimmen. Ziel ist eine enge Absprache mit den Kommunen. Damit wird der Koalitionsvertrag rechtssicher umgesetzt.
Hat die CDU ihre Meinung zum Thema Windkraft im Wald geändert?
Die CDU hat ihre grundsätzliche Skepsis gegenüber Windkraft im Wald nicht aufgegeben, erkennt aber die rechtlichen Realitäten an: Ein kategorisches NEIN ist durch das Bundesrecht nicht möglich. Innerhalb der Thüringer Brombeer-Koalition wurde in langen Verhandlungen jedoch ein Kompromiss gefunden, der dem kommunalen Mitspracherecht und dem Waldschutz Raum gibt. ThüringenForst wird ohne Zustimmung der Kommune keine Geschäfte mit Windkraft im Wald machen. Der vorgelegte Gesetzentwurf setzt den Koalitionsvertrag um und macht klar: Die CDU steht zuverlässig zu ihren Zusagen.
Was ist mit der Änderung des Thüringer Waldgesetzes am Ende der letzten Legislatur-
periode? Gilt die Regelung nach wie vor?
Ja, die Änderung hat Bestand und ist geltende Rechtslage. Der Kern der 2023 auf Initiative der FDP beschlossenen Änderung des Thüringer Waldgesetzes war eine notwendige Abwägung von Schutzgütern für die Errichtung von Windenergieanlagen im Wald. Der Schutz des Waldes und die Erhaltung seiner ökologischen Funktionen wurden gegenüber wirtschaftlichen Interessen gestärkt. Im Gesetz wurde u.a. festgelegt, dass für jede Fläche, auf der Wald für Windenergieanlagen umgewandelt wird, eine Ausgleichsaufforstung erfolgen muss – und zwar nicht auf für den landwirtschaftlichen Betrieb bestimmten Flächen.
Was ist mit den Sorgen der Bürger um ihren Wald?
Die Sorge vieler Bürgerinnen und Bürger ist verständlich. Der gefundene Kompromiss hält jedoch folgende Fakten fest:
- Es gibt keine flächendeckende Bebauung, sondern gezielte und transparent geplante Nutzung dort, wo Kommunen zustimmen.
- Vorrang haben Kalamitätsflächen (z.B. nach Borkenkäferschäden), nicht gesunder und strukturreicher Wald.
- Für jede beanspruchte Fläche muss eine größere Ausgleichsaufforstung erfolgen.
- Die Nutzung erneuerbarer Energien dient auch der Wertschöpfung in den Regionen, wodurch wieder Mittel für Waldpflege und Klimaschutz generiert werden.
- Jede Anlage unterliegt weiterhin strengen Umwelt- und Artenschutzauflagen.
Resümee
Der Kompromiss verbindet Natur- und Klimaschutz, die Wahrung der kommunalen Interessen und den fiskalischen Handlungsbedarf. Für den langfristigen Erhalt, die Pflege und die Zukunftsfähigkeit des Thüringer Waldes bleiben naturschutzfachliche Leitplanken und die demokratische Beteiligung zentral.
